Die Russinnen. Ein Grund, warum Basel der Vorreiterrolle anderer Schweizerischer Universitäten in Sachen Zulassung zum Studium nicht folgte, wird in der Nationalität der ausländischen Studentinnen gesehen: Die vorwiegend aus Russland stammenden Studentinnen hatten den Geist der russischen Revolution verinnerlicht, der mit der Abschaffung der Leibeigenschaft auch mit Forderungen nach Frauenemanzipation und Frauenbildung einherging, um die gesellschaftlichen Reformen im zaristischen Russland voranzutreiben.
In ihrem Heimatland konnten Russinnen nur beschränkt studieren, so wurde Frauen beispielsweise in Petersburg ab 1863 im Anschluss an Studentenunruhen der Zugang zur Universität verboten. Nach dem Verbot des regulären Frauenstudiums wurden spezielle Frauenkurse angeboten, welche aber oft wieder geschlossen wurden. Ein Studium in der Schweiz war seit 1867 in Zürich möglich und stellte eine sicherere Möglichkeit dar, ohne Unterbruch eine Ausbildung zu absolvieren. Für jüdische Studentinnen gab es zudem einen Numerus Clausus für die Frauenkurse. Auch dies war ein Grund für jüdische Russinnen in der Schweiz zu studieren. So waren von den 114 Studentinnen im Jahr 1873 100 Russinnen.
Die meisten Russinnen wollten Medizin studieren, weil sie als Ärztinnen gute Möglichektein sahen, ihr politisches Ziel zu erreichen, nämlich die Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerung konkret zu verbessern. Viele politisch Verfolgte flüchteten in die Schweiz. Der noch junge Bundesstaat wurde zum Zentrum der russischen Oppositionsbewegung.
Die erste Frau, die sich an der Universität Zürich immatrikulieren durfte, war die Russin Nadeschda Suslowa aus Petersburg. Sie promovierte im gleichen Jahr, 1867, als erste Frau in der Schweiz zum Dr. med. Zwei Jahre später immatrikulierte sich die erste Schweizerin, Marie Heim-Vögtlin, die 1873 ebenfalls zum Dr. med. promovierte.